Kontinente sind nur einen Klick weit entwerft, über den Ozean
surft man schnell durch das World Wide Web. Wer heute ein Schuljahr
im Ausland verbringt, ist quasi nie allein. Familienkonferenzen via
Skype, Reisetagebücher im Blog für Oma, Opa, Freund und Freundin sind
immer tagesaktuell. Wo früher selbst die Luftpost auf sich warten
ließ, ist heute sogar die fremde Gastfamilie schneller über den
Bildschirm geflimmert als je zuvor. Aufbrechen, um loszulassen: dies
ist bei den modernen technischen Möglichkeiten nicht immer einfach.
Denn nie war die Heimat so nah, auch wenn Jugendliche bis nach
Australien oder Neuseeland reisen.
Philipp verbrachte zehn Monate auf einer Farm im amerikanischen
Minnesota. Seine Gastfamilie buchte den Anschluss an die weltweite
Netzgemeinde extra für den Schüler aus Deutschland. „Bis das Internet
eingerichtet war, haben wir die erste Zeit ganz klassisch
telefoniert. Später haben wir uns dann zum Skypen verabredet“,
beschreibt seine Mutter Doris Simon. Eine Erfahrung, die viele
Familien teilen – die die Trennung auf Zeit erleichtert. Sie skypen
regelmäßig und nehmen so am Leben der Kinder in der Fremde teil. Hin
und hergerissen zwischen zwei Welten – das ist jedoch nicht ganz ohne
Tücken. Tasja Frenzel, Leiterin Internationale Schulprogramme bei den
Carl Duisberg Centren: „Zu viele Kontakte nach Hause können leicht
Heimweh provozieren. Natürlich reagieren Schüler unterschiedlich, wer
aber permanent im Laptop sein Zuhause sucht, kommt nicht richtig vor
Ort an. Weniger ist deshalb mehr, und in der Distanz liegt die Chance
zur Selbständigkeit.“
Das war noch in den 90er Jahren ganz anders. Das Telefonieren war
wahnsinnig teuer und Briefe brauchten ihre Zeit zur Beförderung.
„Probleme und Anliegen sowie das Bedürfnis nach Nähe und Freundschaft
wurden deshalb mit den Personen vor Ort gelöst. Das half beim
Einleben und ist auch heute noch der richtige Weg“, so Frenzel aus
eigener Erfahrung. Doch die anhänglichen Familienbande sind im
virtuellen Zeitalter gar nicht so leicht abzuschütteln. Während
Austauschschülerin Rebekka Kühnapfel sich Zeit lassen und ihre
Gastfamilie erst vor Ort besser kennenlernen wollte, machte sich ihre
Mutter direkt nach Bekanntwerden der Gastfamilie auf zu einer
Stippvisite per Googlemaps. Erste Kommunikationsversuche von Rebekka
via Skype endeten holprig: „Als wir das erste Mal mit der Gastmutter
und -schwester geskypt haben, war ich total schüchtern, weil ich
dachte, mein Englisch sei so schlecht. Ich wollte am liebsten gar
nichts sagen, weil ich mir sehr wenig zugetraut habe. Wir waren uns
noch so fremd und es ist schwierig, ein halbes Jahr vorher und über
die Distanz eine Beziehung aufzubauen.“
Neue Beziehungen zulassen und alte Freundschaften nicht
vernachlässigen. Für viele ist Facebook die ideale Lösung. Die
schnelle Kommunikation ohne Zeitverschiebung und Barrieren ist
beliebt, doch sie erfordert auch Fingerspitzengefühl und Absprachen
im Vorfeld: „Eltern überlegen am besten gemeinsam mit ihren künftigen
Globetrottern, wie sie die weltweite Vernetzung organisieren wollen –
daher sollten sie Freundschaftsanfragen besser erst nach Absprache
senden“, sagt die Expertin der Carl Duisberg Centren. Und auch die
Jugendlichen selbst müssen wissen, was geht, und was ein Fehler mit
ungeahnten Folgen sein kann. „Wer etwa auf Facebook Bilder postet,
die einen beim Alkoholkonsum oder in beschämenden Situationen zeigen
oder gar über Gastfamilie und das Land lästert, kann sogar seinen
Austausch riskieren. Übersetzungsprogramme ermöglichen auch Lesern
ohne Deutschkenntnisse, Kommentare zu verstehen.“ Wer Freunde und
Leben hier und dort lieber auseinanderhalten möchte, für den können
für die Zeit des Aufenthaltes auch unterschiedliche Accounts Sinn
machen.
Besser ist es deshalb auch, vor der Abreise schon einige
Vorkehrungen zu treffen, die den Austausch erleichtern und das
Erlebnis nicht schmälern. Mancher wird bewusst zum Globe-Blogger und
gestaltet ein schönes Reisetagebuch, das immer aktualisiert für
Freunde und Familie online gestellt ist. Rebekka hat damit gute
Erfahrungen gemacht: „Ich wusste, dass ich keine Zeit haben würde,
jedem einzeln zu schreiben, also habe ich auf Facebook eine Gruppe
gegründet. Dort habe ich mehr oder weniger regelmäßig Texte und Fotos
gepostet. Der Blog startete mit meinem Abflug – ich habe ein Foto von
mir am Flughafen gepostet – und endete kurz vor dem Rückflug aus den
USA.“
In Sachen weltweiter Kommunikation hat die moderne Technik viel zu
bieten – Austauschschüler sollten allerdings nicht zu viel Zeit im
Netz zubringen. Die Meisten kommen gut damit gut zurecht – doch jede
Familie muss erst herausfinden, welches der geeignete Rhythmus ist.
Gerade Eltern können nicht erwarten, rund um die Uhr auf dem
Laufenden zu sein und sollten sich daher vor jeder Kontaktaufnahme
die Frage stellen: dient der Kontakt der eigenen Neugier oder dem
Wohl des Kindes? Hier lohnt es sich, die digitale Nabelschnur
zeitweise zu kappen. „Jugendliche müssen und dürfen jetzt auch mal
ein oder zwei Wochen ohne direkten Kontakt nach Hause überleben.
Schließlich dient ein Schüleraustausch auch in der heutigen Zeit der
Entwicklung der Selbstständigkeit“, sagt Tasja Frenzel. Auch Philipps
Mutter hat die positiven Seiten von weiter Entfernung und weniger
Gesprächen am Computerbildschirm entdeckt: „Durch die Distanz sind
wir uns näher gekommen. Die täglichen Reibereien, das –Räum doch mal
dein Zimmer auf– und –Du hast den Müll nicht rausgetragen– entfallen.
In einer Stunde Skypen pro Woche beschränkt man sich auf die
wesentlichen Dinge. Das war sehr schön und intensiv – vielleicht
sollten wir dies in Deutschland beibehalten…“
Weiteres Pressematerial zum Thema:
Zehn Tipps für Schüler: http://goo.gl/Cd9dKV
Zehn Tipps für Eltern: http://goo.gl/6tVRBc
Interview Rebecca und Familie/Lake Tahoe; USA: http://goo.gl/Or1EK4
Interview Philipp und Familie/Minnesota; USA: http://goo.gl/adlVOp
Für zusätzliche Informationen oder den Kontakt zu den
Interviewpartnern wenden Sie sich bitte an:
Pressekontakt:
Carl Duisberg Centren
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Anja Thiede
Hansaring 49-51
50670 Köln
Tel. 0221/1626-261
Fax: 0221/1626-337
E-Mail thiede@cdc.de
www.cdc.de
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