Manipulierte Radrennen: Sieger und Rennverlauf werden abgesprochen

Nach Recherchen des NDR Magazins „Menschen und
Schlagzeilen“ (Mittwoch, 22. September, 21.00 Uhr, NDR Fernsehen)
sind offenbar Einladungsrennen im deutschen Radsport manipuliert
worden. Fahrer und Funktionäre haben erstmals zugegeben, dass es
beispielsweise beim „City Giro“ in Rellingen 2009 vor dem Start
Absprachen über den Rennverlauf und den Sieger gegeben hat.

Für die Radsportfans in Norddeutschland ist er ein Höhepunkt: der
„City Giro“ im schleswig-holsteinischen Rellingen. Ein sportlicher
Wettkampf, bei dem sich Amateursportler mit namhaften Rad-Profis
messen können. Am Sonntag, 26. September, findet die Veranstaltung
zum dritten Mal statt. Nach Recherchen von „Menschen und
Schlagzeilen“ waren Rennverlauf, Zieleinkunft und der Sieg von
Top-Profi Grischa Niermann im vergangenen Jahr abgesprochen. Das
bestätigen zwei Teilnehmer des Rennens. Vor dem Start habe es seitens
des Veranstalters eine klare Order gegeben, wer am Ende vorne sein
darf – nämlich die Profis, die hohe Antrittsprämien kassieren: „Nicht
zu schnell fahren und die letzten zehn bis 15 Runden fährt eine
Gruppe weg mit allen Top-Leuten“, so die beiden Fahrer, die ihren
Namen nicht öffentlich nennen wollen. In den Teambesprechungen vorher
habe es klare Ansagen über den Rennverlauf gegeben. Die ersten elf
Plätze seien abgesprochen worden, man habe nicht frei fahren können.
Während des Rennens passen die Fahrer auf, dass alle sich an die
Absprache halten. „Das ärgert einen schon. Das war kein richtiges
Rennen. Und die Zuschauer sind die Betrogenen, weil sie nur eine
abgesprochene Show sehen“, so die Fahrer weiter. Der Veranstalter
mache dies, um den Zuschauern ein spannendes Rennen bieten zu können
und die Sponsoren zufrieden zu stellen. Die Amateure würden damit
allerdings um die Chance gebracht, um den Sieg mitzufahren.

Auf Nachfrage von „Menschen und Schlagzeilen“ gab der Präsident
des Radsportverbands Schleswig-Holstein, Bernd Schmidt, zu, von der
Manipulation in Rellingen gewusst zu haben: „Die Amateur-Fahrer haben
sich einen sportlichen Wettbewerb mit den Profis gewünscht. Der hat
an diesem Tag leider nicht stattgefunden.“ Verantwortlich für die
Genehmigung des Rennens sei allerdings der Bund Deutscher Radfahrer
(BDR). Dort spricht man von einem „bedauerlichen Einzelfall“, der
eigentlich nicht hätte passieren dürfen.

Dennoch: Aus internen E-Mails zwischen dem Radsportverband
Schleswig-Holstein und Funktionären des BDR, die dem NDR vorliegen,
bestätigt der BDR, dass Profi-Rennen verschoben werden. Die
Absprachen bezeugt auch der ehemalige Manager des früheren
Profi-Teams „Gerolsteiner“, Hans-Michael Holczer: „Bei vielen Rennen
ist es so üblich, dass man eine gewisse Reihenfolge für den Schluss
festlegt.“ Es handele sich dabei seiner Meinung nach aber nicht um
eine „schwerwiegende Manipulation“, sondern um einen
„Selbsterhaltungsmechanismus, der für solche Rennen notwendig ist.“
Man brauche spannende Rennen, damit Zuschauer kommen, damit Sponsoren
gewonnen werden können, damit man Spitzenfahrer engagieren könne.
Damit solle man dann aber auch offen umgehen: „Der eigentliche Fehler
in der ganzen Sache ist nur die Bezeichnung des Rennens. Man sollte
es als eine Art Promotionrace bezeichnen, so wie es beispielsweise in
Belgien gemacht wird.“ Hans-Michael Holczer fordert, die
Veranstaltungen nicht weiter als großen Wettkampf darzustellen,
sondern von Show-Rennen zu sprechen – für die Zuschauer sei dies
genauso attraktiv.

Informationen zur Sendung finden Sie auch unter
www.ndr.de/menschenundschlagzeilen

Pressekontakt:
NDR Norddeutscher Rundfunk
Presse und Information
Iris Bents
Telefon: 040 / 4156 – 2304
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