Mittelbayerische Zeitung: Kommentar zum Pechstein-Urteil: Durchatmen, von Claus-Dieter Wotruba

Der Blick war bang. Hätte der Bundesgerichtshof
Claudia Pechstein Recht gegeben, hätte vieles, ja alles im Sport ins
Wanken geraten können. Es ist ja nicht genug, dass Ergebnislisten aus
Gründen der Manipulation heute häufig nicht auf Dauer Bestand haben.
Nein, es hätte sogar sein können, dass sich – überspitzt ausgedrückt
– vor den ordentlichen Gerichten Schlangen von Sportlern gebildet
hätten, die sich von ihrer Sport-Gerichtsbarkeit ungerecht behandelt
fühlen. Ob ein Pechstein-Sieg eine Chance gewesen wäre oder Chaos
ausgelöst hätte, ist schwer zu beurteilen. Es wäre auf alle Fälle ein
bahnbrechendes Urteil gewesen, hätte sie in Karlsruhe Recht bekommen.
Es bleibt vorerst beim Konjunktiv im Fall der streitbaren Sportlerin,
der viele auch nicht glauben. Doch allein die Bilanz der 44-Jährigen
mit fünf Olympiasiegen, 40 WM-Medaillen und über 20 Jahren Sport auf
höchstem Niveau spricht so oder so Bände. Seit dreieinhalb Jahren
streitet Pechstein nun schon für ihre Sicht der Dinge. Ihr Anwalt
kündigte sofort eine Fortsetzung des Kampfes an. Die Verbände können
also allenfalls durchatmen, aber noch lange nicht endgültig aufatmen.

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