WAZ: Magath und das Missverständnis – Kommentar von Dirk Graalmann

Clemens Tönnies wollte seinen Stolz nicht verbergen.
„Ich habe ihn emotional aufgeladen“, verkündete der Schalker
Aufsichtsratschef voller Pathos im Mai 2009, als er den Magath-Coup
bekanntgab. Im Winter 2010 kann man getrost feststellen: Das Projekt
Magath/Schalke ist ein Missverständnis. Die überragende Vorsaison hat
die Zerrüttung nur überdeckt, diente als Zuckerguss über einen
schwelenden Konflikt. Er könne „kein Schalke-Fan sein“, hat Magath
wahrheitsgetreu im Oktober dieser Zeitung erklärt. Es ist die
zutiefst professionelle Sicht eines leitenden Angestellten, der
irgendwann weiterzieht. Aber ein Verein wie Schalke 04 stellt andere
Anforderungen an Führungskräfte. Emotionale Distanz wird nur im
Erfolgsfall geduldet. Das mag, nüchtern betrachtet, ein Fehler sein,
ändert aber nichts am Ist-Zustand. Magath hat diese Komponente
unterschätzt. So verstärkt etwa seine Rücksichtslosigkeit im Umgang
mit Mitarbeitern, die bei Vereinen wie Schalke stets das Etikett
„verdient“ tragen, das Gefühl fehlenden Verständnisses für den
„Mythos Schalke“. Felix Magath wird seinen bis 2013 laufenden Vertrag
wohl nicht erfüllen. Die Frage ist nur, wann diese zunehmend als
Zwangsehe empfundene Verbindung geschieden wird. Und wer die Kosten
des Verfahrens trägt. Das Trennungsjahr aber hat längst begonnen.

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